Zeugnisse bekannter Persönlichkeiten über
Georg Christoph Lichtenberg

K. Tucholsky
F. v. Matthisson
A. v. Platen
J.W. v. Goethe
S. Kierkegaard
F. Hebbel
A. Schopenhauer
F. Nietzsche

 

Kurt Tucholsky (1890 - 1935)

Aber wer Lichtenberg ist, das' weiß ich. Morgenstern plus Hebbels Tagebüchern plus französischer Klarheit plus englischer Groteske plus deutschem Herzen - das soll man sich noch einmal suchen. Wer die Gewohnheit hat, in Büchern etwas anzustreichen, der wird seine Freude haben, wie sein Lichtenberg nach der Lektüre aussieht. Das beste ist: er macht gleich einen einzigen dicken Strich, denn mit Ausnahme der physikalischen und lokalen Eintragungen ist das alles springlebendig wie am ersten Tag...

Von dem, was in diesen "Sudelbüchern", wie er das genannt hat, an Witz heute verschüttet liegt, leben andere Leute ihr ganzes Leben.

Nein, die Welt ändert sich nicht, und dies ist ein sehr aktueller Schriftsteller; er ist niemals etwas anderes gewesen. Die Leute zitieren immer seine Beschreibungen zu Hogarths Bildern, die recht gut sind, und seine Schilderung des Garrickschen Hamlets, die besser ist - aber das Wesentliche dieses einzigartigen Geistes liegt in seinen Aphorismen. Und in seinen Briefen. Der Brief zum Beispiel, den er geschrieben, als ihm sein kleines Blumenmädchen, mit dem er zusammen lebte, starb, reicht an jenen Lessings heran, den er nach dem Tode seiner Frau schrieb. Lichtenberg hatte ein heißes Herz und einen kalten Verstand.
(1931)



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Friedrich von Matthisson (1761 - 1831)

Ich wüßte in der That, nach Lessing, keinen Deutschen mehr, der tiefe und gründlichere Kenntnisse (wiewohl in ganz verschiedenen Fächern) mit schärferem Witz und reinerem Geschmack vereinigte als Lichtenberg. (1802)



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August von Platen (1749 - 1832)

Ein vorurteilsfreier Verstand, Witz, Laune, Satire ohne Gift, der feinste Beobachtungsgeist und ein leichter, durchaus angenehmer Stil geben diesen Büchern einen hohen Wert. Alles wird anziehend unter Lichtenbergs Feder. Wollte Gott, er lebte noch, um die Mystiker und Romantiker unter seine Geißel zu nehmen. (1816)



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Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)

Lichtenbergs Schriften können wir uns als der wunderbarsten Wünschelrute bedienen: wo er einen Spaß macht, liegt ein Problem verborgen. (1829)



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Søren Kierkegaard (1813 - 1855)

Dank, Lichtenberg, Dank! weil du sagst: daß es nichts Kraftloseres gibt, als mit einem Literaten der Wissenschaft zu reden, der selber nicht gedacht hat, aber tausend literarhistorische Umstände weiß. "Es ist fast wie die Vorlesung aus einem Kochbuch, wenn man Hunger hat." 0 Dank für diese Stimme in der Wüste. Dank für diese Labung. Wie der Schrei eines wilden Vogels in der Stille der Nacht die ganze Phantasie in Bewegung setzt, stelle ich mir vor, daß es nach einem lang andauernden Geschwätz mit einem solchen gelehrten Umgangssüchtigen war, der ihn vielleicht eines glückseligen Augenblicks beraubte. (1837)



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Friedrich Hebbel (1813 - 1863)

Ich habe in der letzten Zeit viel von Jean Paul gelesen und einiges von Lichtenberg. Welch ein herrlicher Kopf ist der letztere! Ich will lieber mit Lichtenberg vergessen werden als unsterblich sein mit Jean Paul. (1846)



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Arthur Schopenhauer (1788 - 1860)

Man kann die Denker einteilen in solche, die zunächst für sich, und solche, die sogleich für andere denken. Jene sind die echten, sind die Selbstdenker, im zwiefachen Sinne des Wortes, sie sind die eigentlichen Philosophen. Denn ihnen allen ist es Ernst mit der Sache. Auch besteht der Genuß und das Glück ihres Daseins eben im Denken. Die anderen sind die Sophisten, sie wollen scheinen und suchen ihr Glück in dem, was sie dadurch von anderen zu erlangen hoffen, hierin liegt ihr Ernst. Lichtenberg ist ein Muster der ersten Art. (1851)



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Friedrich Nietzsche (1844 - 1900)

Wenn man von Goethes Schriften absieht und namentlich von Goethes Unterhaltungen mit Eckermann, dem besten deutschen Buche, das es gibt: was bleibt eigentlich von der deutschen Prosa-Literatur übrig, das es verdiente, wieder und wieder gelesen zu werden? Lichtenbergs Aphorismen, das erste Buch von Jung-Stillings Lebensgeschichte, Adalbert Stifters Nachsommer und Gottfried Kellers Leute von Seldwyla, - und damit wird es einstweilen am Ende sein. (1879)



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